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Bald ein halbes Jahr nach dem Start des sogenannten Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan ist einem Medienbericht zufolge in dessen Rahmen bislang noch keine Aufnahmezusage erteilt worden. Das gehe aus eine Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linkenfraktion im Bundestag hervor, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag. Demnach sollen erste Zusagen im Zuge des Bundesaufnahmeprogramms in den kommenden Wochen erfolgen.
Die Linkenfraktion kritisierte die Regierung dafür scharf. "Das unterbietet wirklich alle Erwartungen", sagte deren fluchtpolitische Sprecherin Clara Bünger dem RND. Sie verwies zugleich darauf, dass laut Regierung außerhalb des Programms seit Oktober mehr als 4900 Aufnahmezusagen erfolgt seien. Die sei positiv, sagte sie. Sie frage sich allerdings, warum ein "kompliziertes Verfahren" geschaffen werde, wenn Aufnahmen am Ende daran vorbei erfolgten.
Das Bundesaufnahmeprogramm wurde von der Bundesregierung im Oktober 2022 nach Abschluss der militärischen Evakuierungsflüge aus Kabul initiiert, um unter der Talibanherrschaft besonders stark gefährdeten Afghaninnen und Afghanen dauerhaft eine Möglichkeit für eine Aufnahme in Deutschland aus humanitären Gründen zu schaffen. Es richtet sich dabei unter anderem an Frauen- und Menschenrechtler, Medien- und Kulturschaffende oder Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Religion besonders gefährdet sind.
Neben dem Bundesaufnahmeprogramm gibt es weitere Möglichkeiten für Menschen aus Afghanistan, die Schutz in Deutschland suchen. Unabhängig davon ist etwa das sogenannte Ortskräfteverfahren, das sich an frühere Mitarbeiter der Bundeswehr und von Entwicklungshilfeorganisationen richtet. Darüber hinaus gibt es Sonderaufnahmeprogramme der Bundesländer. Zudem kann die Regierung unabhängig von konkreten Programmen jederzeit individuelle Aufnahmezusagen aus humanitären Gründen machen. Asylverfahren sind eine weitere Möglichkeit.
Am Bundesprogramm Afghanistan gibt es seit längerem immer wieder Kritik, etwa von Flüchtlingshilfsorganisationen und Exilafghanen. Die Organisation Pro Asyl forderte etwa eine Beschleunigung sowie Nachbesserungen bei den Abläufen. Eine Anmeldung für das Programm kann nur über bestimmte von der Bundesregierung dafür anerkannte sachkundige Institutionen oder zivilgesellschaftliche Organisationen erfolgen. Afghanen können sich nicht selbst bewerben.
Nach jahrelanger westlicher Militärpräsenz sowie umfangreichen Versuchen einer entwicklungspolitischen Stabilisierung war die afghanische Hauptstadt Kabul im August 2022 von den radikalislamischen Tabilan zurückerobert worden. Seitdem befindet sich das Land wieder vollständig unter deren Kontrolle.
(U.Gruber--BBZ)