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Nach dem Treffen der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hat China nach Angaben aus Taipeh den zweiten Tag in Folge Kriegsschiffe in die Nähe von Taiwan geschickt. Drei chinesische Kriegsschiffe seien durch die Gewässer um die Insel gefahren, teilte Taiwans Verteidigungsministerium am Freitag mit. US-Außenminister Antony Blinken warnte Peking derweil, ein Einmarsch in Taiwan könne eine Weltwirtschaftskrise auslösen.
Das taiwanische Verteidigungsministerium erklärte, außer den drei chinesischen Kriegsschiffen in den Gewässern vor Taiwan seien auch ein Kampfjet und ein Hubschrauber aus der Volksrepublik gesichtet worden. Diese drangen demnach in Taiwans Luftverteidigungszone ein.
Journalisten der Nachrichtenagentur AFP sahen auf der Insel Pingtan, Chinas nächstgelegenen Außenposten vor Taiwan, ein Marineschiff und mindestens drei Militärhubschrauber. Es war unklar, ob es sich dabei um normale Patrouillen handelte. Die taiwanischen Behörden hatten bereits am Donnerstag drei chinesische Kriegsschiffe und einen Helikopter in der Nähe entdeckt.
Die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning bekräftigte, Taiwan sei "ein untrennbarer Teil Chinas" und seine Zukunft liege "in der Wiedervereinigung mit dem Mutterland". Peking verhängte am Freitag zudem Sanktionen gegen Taiwans De-facto-Botschafterin in den USA, Bi-khim Hsiao, und untersagte ihr die Einreise nach China, da sie "absichtlich die Konfrontation" geschürt habe.
Das chinesische Außenministerium verhängte außerdem Sanktionen unter anderem gegen die Ronald-Reagan-Präsidentenbibliothek, dem Treffpunkt von Tsai und McCarthy am Mittwoch. Peking begründete die Sanktionen damit, dass die Einrichtung "eine Plattform bereitgestellt und Tsai Ing-wens Engagement für Aktivitäten des 'taiwanischen Separatismus' in den USA erleichtert" habe.
Das taiwanische Außenministerium verurteilte die neuen Strafmaßnahmen als Versuch Pekings, "den internationalen Spielraum unseres Landes weiter zu verringern". Tsai betonte, ihre Regierung wolle "die freie und demokratische Lebensweise der Menschen in Taiwan" erhalten. "Wir hoffen auch, unser Bestes zu tun, um Frieden und Stabilität zwischen den beiden Seiten zu erhalten", fügte Tsai hinzu.
Nach dem Treffen von Tsai und McCarthy nahe Los Angeles hatte Peking "entschlossene und energische Maßnahmen" angekündigt. Seit der Spaltung zwischen China und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will - notfalls mit militärischer Gewalt.
Davor warnte US-Außenminister Blinken eindringlich. "Wenn eine Krise im Zuge einer unilateralen Aktion Chinas ausbrechen würde, wäre wahrscheinlich die ganze Welt betroffen", sagte er der Funke Mediengruppe. "Es würde zu einer schweren Wirtschaftskrise kommen."
Taiwan habe für die Weltwirtschaft eine Schlüsselbedeutung, führte Blinken aus: "Jeden Tag gehen 50 Prozent der weltweiten Handelsschifffahrt durch die Straße von Taiwan. Mindestens 70 Prozent der Halbleiter, die wir für Smartphones, Spülmaschinen oder Autos brauchen, werden in Taiwan hergestellt." Am Donnerstag hatte Blinkens Sprecher China aufgefordert, "seinen militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Taiwan einzustellen und sich stattdessen einer sinnvollen Diplomatie nachzugehen".
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte China vor einem Angriff auf Taiwan. "Niemand sollte in dieser Region den Status Quo einseitig durch Gewalt ändern", sagte sie am Donnerstag in Peking nach Gesprächen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping.
Im vergangenen Jahr hatte ein Taiwan-Besuch von McCarthys Vorgängerin an der Spitze des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, für massive Spannungen gesorgt. China hielt als Reaktion auf die Reise der Parteifreundin von Präsident Joe Biden große Militärmanöver in den Gewässern vor Taiwan ab. Die Reaktion Chinas auf das Treffen Tsais mit McCarthy fiel nun zunächst deutlich weniger scharf aus.
(T.Burkhard--BBZ)