
SDAX
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Angesichts der erneuten Blockade beim Freihandelsabkommen Mercosur zwischen Südamerika und der EU hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) alle Seiten zu "Kompromissbereitschaft" aufgerufen. Er sei "überzeugt", dass sich eine Mehrheit in den EU-Gremien finden werde, wenn das Abkommen "erfolgreich zu Ende verhandelt" sei, sagte Scholz am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in Berlin.
"Ich bitte alle Beteiligten um größtmöglichen Pragmatismus und Kompromissbereitschaft, damit wir das jetzt endlich finalisieren können", sagte Scholz. Deutschland stehe hinter der Absicht, ein solches Abkommen abzuschließen. "Wir glauben, es wäre ein großer Fortschritt", sagte der Kanzler. "Es wäre gut, wenn das auch gelingt zwischen Mercosur und der Europäischen Union."
Scholz verwies in diesem Zusammenhang auf die "sehr guten" bilateralen Beziehungen zwischen Brasilien und Deutschland. Ausdruck davon sei auch eine gemeinsame Absichtserklärung zwischen Deutschland und Brasilien zur Partnerschaft für eine sozial gerechte und ökologische Transformation.
Brasilien sei Deutschlands wichtigster Handelspartner in Südamerika. Während der Regierungskonsultationen sei im Rahmen dieser langjährigen Partnerschaft "gut ein dutzend Abkommen unterzeichnet" worden, unter anderem zu grünem Wasserstoff und zur umweltfreundlichen Gewinnung von Rohstoffen.
Lula seinerseits sprach sich angesichts eines "entscheidenden Moments der Verhandlungen" bei dem Mercosur-Gipfel am Donnerstag in Rio de Janeiro für einen zügigen Abschluss des Handelsabkommens aus. Seit 23 Jahren arbeiteten alle Beteiligten daran. Es wäre "unvernünftig, wenn es nicht zustande käme", sagte Lula. Er habe dem Bundeskanzler gesagt, er hoffe, "dass sich die EU entscheidet, ob sie an dem Vertrag interessiert ist".
Er selbst werde sich für "dafür einsetzen, so lange ich noch in der Lage bin, daran zu glauben, dass es zustande kommt", sagte der brasilianische Staatschef weiter. "Ich gebe nicht auf. Ich bin Brasilianer und Brasilianer geben niemals auf."
Das EU-Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay ist bereits seit 2019 fertig ausgehandelt, allerdings noch nicht ratifiziert. Streit gibt es vor allem um Umweltauflagen für südamerikanische Landwirte. Frankreich, Österreich und andere Länder dringen zum Schutz der eigenen Bauern auf strikte Vorgaben. Deutschland setzt sich für eine rasche Ratifizierung ein.
Auf südamerikanischer Seite hatte vor allem der künftige argentinische Präsident Javier Milei das Abkommen mit der EU in seinem Wahlkampf kritisiert und mit dem Rückzug seines Landes daraus gedroht.
Die Zuständigkeit für die Ratifizierung des Abkommens liege bei der EU-Kommission, sagte Scholz. Zustimmen müssten nun die Länder und das EU-Parlament.
Die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten strebten nach wie vor an, das Abkommen "so bald wie möglich" abzuschließen, sagte der Sprecher der EU-Kommission, Balazs Ujvari, am Montag in Brüssel.
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis wird jedoch nicht zum Mercosur-Gipfel nach Rio de Janeiro reisen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ohnehin keine Teilnahme geplant, da sie beim EU-China-Gipfel in Peking ist. Als einzig hochrangiger EU-Vertreter wird Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez erwartet, dessen Land bis Jahresende Europas Ministerräten vorsitzt. Auch Sánchez befürwortet einen schnellen Abschluss der Verhandlungen.
(K.Lüdke--BBZ)