EUR/USD
0.0002
Zum Auftakt der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) vor dem Erstarken des Antisemitismus in Deutschland gewarnt und zum Handeln aufgerufen. "Er ist ein Problem unserer Gesellschaft. Der ganzen Gesellschaft. Der Antisemitismus ist mitten unter uns", sagte Bas am Donnerstag im Bundestag. "Wenn Rechtsextremisten, Geschichtsrevisionisten und Völkisch-Nationale Wahlerfolge feiern, dann ist das kein Alarmzeichen. Dann ist es allerhöchste Zeit zu handeln", betonte sie.
"Dann ist es höchste Zeit zusammenzustehen, um die Werte und Institutionen unserer freien, demokratischen Gesellschaft zu beschützen." Die Demokratie trage "kein Ewigkeitssiegel", sagte die Bundestagspräsidentin. "Sie ist angewiesen auf Bürgerinnen und Bürger, die sie schätzen und mit Leben erfüllen." Auch daran erinnere der Gedenktag und die deutsche Geschichte: "Von uns allen hängt es ab."
Der Antisemitismus "findet sich nicht nur am äußersten Rand, nicht nur bei den ewig Unbelehrbaren und ein paar antisemitischen Trollen im Netz", sagte Bas weiter. Das Wissen um die Geschichte habe nicht verhindert, dass ein Drittel der deutschen Bevölkerung meine, die Juden hätten vielleicht doch zu großen Einfluss. Dieses Wissen habe auch nicht verhindert, dass die Corona-Pandemie "auf ohnehin grassierenden Judenhass wie Brandbeschleuniger wirkt".
Die Bundestagspräsidentin mahnte: "Unsere freiheitliche Demokratie muss sich wappnen gegenüber jenen, die die Demokratie beschwören, aber nur ihre eigene Freiheit meinen. Die Toleranz für sich einfordern, aber für den Pluralismus nur Verachtung übrighaben. Die Lügen verbreiten, um zu verunsichern. Die zu Hass und Gewalt aufstacheln – und sich im Nachhinein mit empörter Geste distanzieren." Bas betonte: "Die Mehrheit in diesem Land hat dafür nichts übrig."
Die Mehrheit lasse sich nicht zum Hass verführen. "Sie wählt und streitet demokratisch." Gegenüber den anderen "brauchen wir 'mehr Mut zur Intoleranz'", so Bas weiter. "Den entschlossenen Einsatz aller Mittel, die die wehrhafte Demokratie kennt."
Die Parlamentspräsidentin betonte in ihrer Rede weiter: "Wir mahnen und bekunden unmissverständlich: Antisemitismus ist nicht hinnehmbar. Punkt. Egal, wie er sich äußert. Egal, wo er herkommt." Nie wieder sollten sich antijüdische Stereotype und Vorurteile breit machen können. "Nie wieder sollen Jüdinnen und Juden herhalten müssen für die Übel der Welt. Nie wieder soll Antisemitismus den Boden bereiten für Ausgrenzung, Hass, Vernichtungswahn."
Der 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführte Holocaust-Gedenktag erinnert an die Befreiung von Auschwitz. Vor 77 Jahren war das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit worden.
(K.Lüdke--BBZ)